Charlotte Grünert

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Charlotte Grünert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Charlotte Grünert (*1896 in Meißen; †1979) war eine deutsche Fotografin. Ihr fotografisches Werk ist bislang nur in Teilen erschlossen. Hinweise deuten auf eine Ausbildung am Bauhaus und frühe Experimente mit Farbfotografie. Zeitweise war sie in Paris tätig, später in Dresden, ab 1933 dann in Jestetten. Eine systematische Aufarbeitung ihres Schaffens, auch im Kontext der NS-Zeit, steht noch aus.

Leben und Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Charlotte Grünert wurde 1896 in Meißen geboren. Über ihre fotografische Ausbildung ist bislang wenig publiziert; nach vorliegenden Hinweisen absolvierte sie ein Studium am Bauhaus. Zwischen 1930 und 1933 war sie nach eigenen Angaben im Geschäft ihres Bruders in Dresden tätig. Auch ein Aufenthalt in Paris ist belegt. Ab 1933 lebte und arbeitete sie in Jestetten (Landkreis Waldshut, Baden-Württemberg), wo sie als Fotografin aktiv war.

Aus dieser Zeit sind Fotografien überliefert, die auch führende Vertreter des NS-Staates zeigen, darunter eine Aufnahme von Hermann Göring mit Luftwaffengeneral Hans Jeschonnek. Diese entstand vermutlich während einer zeitlich begrenzten Tätigkeit in Frankfurt, wo Charlotte Grünert nach dem Krieg angab, in den Jahren 1941 bis 1942 beim Fotografen Hermann Harz ausgeholfen zu haben.

Harz war ein angesehener Fotograf mit engen Kontakten zu staatlichen Stellen des NS-Regimes. Er veröffentlichte u. a. den Bildband „Das Erlebnis der Reichsautobahn“, herausgegeben vom Reichsministerium Speer. Das Werk wurde Albert Speer und dem Andenken an Fritz Todt gewidmet:

„Dem Schöpfer der Reichsautobahnen Reichsminister Dr. Ing. Fritz Todt Zum Gedächtnis -- Als Dr. Todt am 4. September 1941 seinen fünfzigsten Geburtstag beging, übergab ihm die Gesamtgefolgschaft der ‚Reichsautobahnen‘ eine Mappe ausgewählter Farbaufnahmen der fertigen Strecken zum Geschenk. Lichtbildmeister Hermann Harz, Frankfurt am Main, hatte sie auf weiten Fahrten an sonnigen Tagen gesammelt, der Dichter Herybert Menzel hatte als Einleitung dazu das Erlebnis der Reichsautobahnen beschrieben. Die Blätter sind ein Dokument der Dankbarkeit treuer und begeisterter Mitarbeiter am Werk. Mit Genehmigung der Familie Todt werden sie zum 8. Februar 1943, an dem uns vor einem Jahr durch einen tragischen Unfall Dr. Todt entrissen wurde, dem deutschen Volk übergeben. ALBERT SPEER“

Eine wie auch immer geartete persönliche Nähe Charlotte Grünerts zum NS-System lässt sich aus den bislang bekannten Informationen nicht ableiten. Auch für ihren Wohn- und Arbeitsort Jestetten ist keine Verbindung zu lokalen NS-Organisationen nachgewiesen. Die genannten Aufnahmen sind daher im Kontext der damaligen Auftragsverhältnisse und beruflichen Netzwerke zu sehen.

Verbindung zu Hermann Harz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hermann Harz (1906–1988) stammte aus einer traditionsreichen Frankfurter Fotografenfamilie. Ab 1936 arbeitete er mit dem Farbfotografie-Verfahren Duxochrom. Er veröffentlichte mehrere propagandistisch geprägte Bildbände und stellte seine Arbeiten öffentlich aus – u. a. am 11. Februar 1940 im Modeamt der Stadt Frankfurt (Neue Mainzer Straße).

Auch sein Farbbildband „Petsamo – Lagoda. Volk und Landschaft zwischen Finnland und Russland“ (1940) verband fotografische Innovation mit ideologischen Inhalten. Es ist anzunehmen, dass Charlotte Grünerts frühe Beschäftigung mit Farbfotografie zur kurzfristigen Zusammenarbeit mit Harz führte. Vermutlich entstanden im Rahmen dieser Tätigkeit auch die erwähnten Aufnahmen mit politisch-repräsentativem Inhalt.

Aktueller Forschungsstand[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Laut Angaben eines Großneffen der Fotografin befinden sich noch rund 60 Glasplattennegative Charlotte Grünerts im Familienbesitz. Auch die Gemeinde Jestetten verwahrt einige ihrer Fotografien im Archiv. Weitere biografische Informationen, etwa zu ihrem Aufenthalt in Paris und zu ihrer Ausbildung am Bauhaus, sind derzeit Gegenstand laufender Recherchen.

Werk und Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine systematische Aufarbeitung von Charlotte Grünerts fotografischem Werk steht bislang aus. Bekannt sind sowohl Porträts als auch dokumentarische Aufnahmen mit künstlerischem und zeitgeschichtlichem Wert. Ihr fotografischer Nachlass und ihre Rolle in der Frühzeit der Farbfotografie machen sie zu einer interessanten Figur der Fotogeschichte des 20. Jahrhunderts.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Albert Speer (Hrsg.): Das Erlebnis der Reichsautobahn. Ein Bildwerk von Hermann Harz. Mit einer Einführung von Herybert Menzel. Herausgegeben vom Reichsministerium Speer. Verlag D.W. Callwey, München, o. J. [1943].
  • Hermann Harz: Petsamo – Lagoda. Volk und Landschaft zwischen Finnland und Russland. Farbbildband, 1940.
  • Ausstellungshinweis: Erste Farbfotografie-Ausstellung der Welt in Frankfurt am Main. Stadtchronik 11.2.1940, Institut für Stadtgeschichte Frankfurt. [1]

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Prof. Dr. Rolf Sachsse, HBK Saar
  • Konrad Schlude, E-Mail an das FotografenWiki vom 15. April 2025 und Folgekorrespondenz vom April 2025. Der Artikel basiert auf einem noch nicht abgeschlossenen Forschungsstand.