Louis Ghémar

Aus FotografenWiki
Wechseln zu:Navigation, Suche

Fotograf

Lebensdaten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

auch: Ghemar

Geb. 1819 in Lannoy (F), gest. 1873 in Brüssel (B)

Werdegang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„Louis Ghémar hatte als Lithograf bereits Berühmtheit erlangt, als er 1854 beschloss, seinen Kurs zu ändern.

Zukünftig würde er sich nur noch auf die kommerzielle Verwertung des jungen Mediums Fotografie konzentrieren. Der Zeitpunkt schien tatsächlich günstig dafür zu sein. Nach einem zögerlichen Start hatte die Fotografie auf Papier ihren endgültigen Siegeszug angetreten und stand kurz davor, die Daguerreotypie von der Bildfläche zu verdrängen.

Die Anwendungsmöglichkeiten der Fotografie wurden plötzlich viel breiter, und auch der Kundenkreis erweiterte sich. Darüber hinaus hatte Louis Ghémar ein Gespür fürs Geschäft. Er war ein schillernder Charakter, verstand die Kunst, seine Unternehmungen bekannt zu machen, und konnte auf ein Netzwerk nützlicher Kontakte, auch in die allerhöchsten Kreise, zurückgreifen.

Ghémar nutzte zunächst seine Chance als Fotograf in Antwerpen, zog aber im Januar 1856 nach Brüssel. Im selben Jahr fertigte er Porträtaufnahmen von König Leopold I. an, die als Vorlage für die bei Simoneau & Toovey erschienene Lithografie dienten. Der Ehrentitel „Photographe du Roi“ erschien später auf allen seinen Druckschriften. 

Zehn Jahre später, im Jahr 1864, machte Ghémar Aufnahmen von der Beerdigungszeremonie von Leopold I., die in Form eines luxuriösen Gedenkalbums veröffentlicht wurden.

Die Einführung des Visitenkartenporträts, eine Begeisterung, die sich nach 1855 von Paris auf alle europäischen Städte ausbreitete, sicherte den kommerziellen Erfolg von Ghémars Porträtatelier, das sich schnell zu einem modischen Treffpunkt entwickelte. Zu Gast waren Prinzen und Prinzessinnen, Vertreter des Adels und des Großbürgertums, Mitglieder höchster militärischer und kirchlicher Kreise, Politiker, Diplomaten und Künstler. Sie kamen nicht nur, um sich porträtieren zu lassen, sondern probierten auch die anderen Kunden aus, die in den Salons waren. Wer ein Visitenkartenporträt des Ghémar-Studios vorlegen konnte, machte deutlich, dass er einer Elite angehörte oder sich zumindest darum bemühte, dazuzugehören.

Die Produktion des Ghémar-Studios zeichnete sich vor allem durch einen hohen Qualitätsstandard aus, sowohl hinsichtlich der technischen Ausführung als auch der Komposition. Die verwendeten Posen und Bühnenelemente waren zwar recht klassisch, wurden aber mit Bedacht und mit besonderem Augenmerk auf bedeutungsvolle Details eingesetzt. Dadurch strahlen die Probanden neben Seriosität und Standesbewusstsein auch eine ungewöhnliche Portion Individualität aus. Der Unterschied zu den oft stereotypen Porträts, die viele andere Studios liefern, ist groß. Auf ernsthafte künstlerische und kommerzielle Konkurrenz stieß Ghémar in Brüssel wahrscheinlich nur durch seinen befreundeten Kollegen Jules Géruzet und seine ältesten Söhne.

Ghémar pflegte auch freundschaftliche Kontakte zum Pariser Fotografen Nadar.

Obwohl wir davon ausgehen können, dass er sein Einkommen hauptsächlich aus seinem angesehenen Porträtatelier bezog, erfüllte Ghémar gelegentlich auch andere Aufträge. Am bekanntesten ist eine bemerkenswerte Serie von Stadtansichten von Brüssel, die um 1867, kurz vor Beginn der Arbeiten zur Abdeckung der Senne, entstanden.

Merkwürdigerweise war es nicht die Regierung selbst, sondern die Firma, die diese Arbeiten ausführen durfte, die Belgische Gesellschaft für öffentliche Arbeiten, die ihm diesen Auftrag erteilte. Die Aufnahmen zeigen besonders malerische Bilder der Altstadt am Vorabend einer großen Transformation. Gerade im Gegensatz zu den verheerenden Folgen späterer städtischer Eingriffe haben diese Bilder mittlerweile einen unersetzlichen dokumentarischen und zugleich nostalgischen Wert erlangt.“ [1]

Louis Ghémar assoziierte sich (wann ?) mit seinem Bruder und nannte das Atelier "Ghémar-Frères"

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

G. G. in: C. Mageres und L. Roosens, De fotokunst in Belgie 1839-1940, Deurne/Antwerpen 1970

Jörg Krichbaum, Lexikon der Fotografen, Fischer Taschenbuch Verlag, Ffm., 1981, ISBN 3-596-26418-9

Quelle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Zitiert aus: Belgische Fotografen 1840-2005, Ausst.-Katalog FotoMuseum Provincie Antwerpen (PA), Antwerpen 2005, ISBN 90-5544-556-8