Johannes Schafgans
Maler und Fotograf
Lebensdaten
1828 - 1905
Werdegang
Johannes Schafgans (eigentlich Johann Schafgans, * 2. August 1828 in Poppelsdorf, † 7. Dezember 1905 in Bonn) war der Gründer des Lichtbildateliers Schafgans in Bonn.
Sein Vater Adolf Schafgans (1790-1870) stammte aus Dansweiler (heute Pulheim), zog nach seiner Soldatenzeit in den Napoleonischen Kriegen um 1813 nach Köln und ließ sich um 1822 mit seiner Frau Catharina Schmitz, einer gebürtigen Poppelsdorferin, in Poppelsdorf bei Bonn nieder.
Johannes Schafgans, Viertgeborener unter neun Kindern, ging zunächst in eine Gärtnerlehre, wandte sich aber schon früh der Malerei zu. In einer Bonner Fayencefabrik arbeitete er als Porzellanmaler. Privat nahm er Unterricht bei dem Maler und Lithographen Christian Hohe, der an der Bonner Universität das Amt des akademischen Zeichenlehrers bekleidete. Um 1849 begann er sich für das damals noch neuartige Verfahren der Talbotypie zu interessieren und beschloss, Fotograf zu werden. Seine Ausbildungsstationen Elberfeld und Frankfurt/M. lassen vermuten, dass er dem Kreis um Hermann Emden und Liesegang nahe stand.
Um 1852 zog er nach Amsterdam und arbeitete auf der Kalverstraat mit dem Fotografen Christian Heindorf (1819-1866) zusammen, der wenig später die Carte de Visite nach Holland einführen sollte. 1853 betrieb er in Den Haag mit Anthony Polman (1826-1887) ein Atelier auf der Boekhorstraat. Ins Rheinland zurückgekehrt, eröffnete er im Oktober 1854 in der Bonner Innenstadt auf dem Gartenareal des Hauses Neugasse 1088 3/4 (seit 1870 Neugasse 14) ein eigenes Freilichtatelier.
Schon in den ersten Jahren nahm Johannes Schafgans Porträts bemerkenswerter Persönlichkeiten auf, wie den jungen Fürsten zu Wied (um 1855), den Prinzen von Wales (1857) oder den Japanforscher Philipp Franz von Siebold (1859). 1856 heiratete er die Tochter seines Lehrers, Adele Friederike Hohe (1832-1916). 1859 erwarb er Haus und Grundstück und errichtete 1861 ein weiteres Gebäude mit großräumigem Glasdachatelier, bei dem es sich um den ersten umfänglichen fotografischen Zweckbau in Bonn handelte, den sich ein Fotograf selber baute. Bis zu seiner Zerstörung 1944 war er Sitz des Ateliers.
Anfangs noch unterstützt von seinem älteren Bruder Theodor (1823-1888) - der, wie er, ursprünglich Porzellanmaler war - und dem jüngeren Bruder Wilhelm (1839-1910), der später Opernsänger wurde (vgl. a. Hans Schaffganz), betrieb Johannes Schafgans in den 1860er bis 1880er Jahren ein florierendes Geschäft mit bisweilen über zehn Angestellten, darunter Operateure, Retoucheure, Kopiermeister, Laboranten und Empfangspersonal, das ihn auch zu weitreichenden Außenaufnahmen ins Umland und auf die Schlösser der rheinischen Gutsbesitzer führte. 1877 vergrößerte er den Betrieb durch den Anbau weiterer Atelierräume.
Sah sich Johannes Schafgans als Fotograf aller Bevölkerungskreise, so spiegeln seine Porträtarbeiten insbesondere die Entwicklung der Universitätsstadt Bonn im 19. Jh. zu einer der reichsten Städte Preußens. Professoren und Forscher wie Karl Simrock, August von Kekulé, Rudolf Clausius und Johann Friedrich von Schulte zählten zu seinen Kunden ebenso wie der spätere Kaiser Wilhelm II. als Kronprinz und Bonner Borusse.
Im März 1888 nahm er auf dem Dach seines Hauses eine Sequenz vom Brand der benachbarten Remigiuskirche auf, die als frühes Beispiel für Ereignisaufnahmen im Rheinland gilt. 1890 porträtierte er den jungen Schriftsteller Luigi Pirandello, der sich als Student in Bonn aufhielt.
1892 setzte sich Johannes Schafgans zur Ruhe und bezog seinen Alterssitz in einem zuvor erworbenen Haus auf der Bonner Arndtstraße. Seinem Sohn Theodor Schafgans übertrug er das Atelier in der Neugasse (seit 1899 Rathausgasse), bei dem es sich heute vermutlich um das älteste noch bestehende fotografische Unternehmen weltweit handelt, das sich seit der Frühzeit der Fotografie im Besitz ein und der selben Familie erhalten hat.
Johannes Schafgans starb am 7. Dezember 1905. Seine Grabstätte befindet sich auf dem Alten Friedhof in Bonn, unweit des Schumann-Grabs und der Georgskapelle, deren Translozierung aus der Kommende Ramersdorf sein Schwiegervater Hohe von 1845 bis 1847 restauratorisch betreut hatte.
Literatur
Theo Schafgans, 75 Jahre Lichtbildwerkstatt, München 1929
Heinrich Gerhartz, Christian Hohe. Ein Beitrag zur Geschichte der rheinischen Malerei im 19. Jahrhundert, 1936
Theo Schafgans, 100 Jahre Lichtbildwerkstatt, Bonn 1954
Fritz Kempe, Photographie zwischen Daguerreotypie und Kunstphotographie, Hamburg 1977
H. M. Mensonides, Een nieuwe kunst in Den Haag. Encyclopedisch overzicht van de eerste Haagse fotografen, Jaarboek Die Haghe 1977, Den Haag 1977
Ingeborg Leijerzapf, Fotografie in Nederland 1839-1920, Den Haag 1978
Werner Neite, Die Frühzeit der Photographie in der Rheinprovinz, in: Eduard Trier / Willy Weyers, Kunst des 19. Jahrhunderts im Rheinland, Bd. 3, Düsseldorf 1979
Renate Heidt, Porträtfotografie in vier Generationen. Das Atelier Schafgans in Bonn, Köln/Bonn 1980
Theo Schafgans, Sechs Jahrzehnte hinter der Kamera. Mein Leben als Fotograf, in: Bonner Geschichtsblätter, 36. Jg., Bonn 1984
Michel u. Michèle Auer, Encyclopédie internationale des photographes de 1839 à nos jours, Paris 1985
Winfried Biesing, Der Prinz von Wales in Königswinter 11.7.1857 – 27.8.1857 - Eine Romantische Rheinreise, Königswinter 1987
Jan Coppens, Laurent Roosens, Karel van Duren, „... door de enkele werking van het licht ...“. Introductie en integratie van de fotografie in Belgie en Nederland, 1839-1869, Antwerpen 1989
Konrad Vanja, Der Männerohrring, in: Auf’s Ohr geschaut. Ohrringe aus Stadt und Land vom Klassizismus bis zur Jugendkultur, Schriften des Museums für Deutsche Volkskunde, Bd. 16, Berlin 1989
Willi Hirdt, Bonn im Werk von Luigi Pirandello, 1990
Bodo von Dewitz, Schatzhäuser der Photographie. Die Sammlung des Fürsten zu Wied, Göttingen 1998
Sabine Gertrud Cremer, Nicolaus Christian Hohe (1798-1868). Universitätszeichenlehrer in Bonn, Münster 2001
Ingrid Bodsch, „An den Rhein, an den Rhein ...“ Das malerische und romantische Rheinland in Dokumenten, Literatur und Musik, Bonn 2002
Frank Günter Zehnder, Schafgans. 150 Jahre Fotografie, Köln 2004
Christoph Schaden, „... empfiehlt sich einem geehrten Publikum“ - Zur Frühzeit der Fotografie und des Fotoateliers Schafgans in Bonn, in: Frank Günter Zehnder, Schafgans. 150 Jahre Fotografie, Köln 2004
Sabine Gertrud Cremer, Neue Erkenntnisse über den Universitätszeichenlehrer Nicolaus Christian Hohe (1798 – 1868), in: Bonner Geschichtsblätter, Bd. 53/54, Bonn 2004
Josef Niesen, Bonner Personenlexikon, Bonn 2006
Bodo von Dewitz / Katrin Seidel, Bilder machen Leute. Die Inszenierung des Menschen in der Fotografie, Ostfildern 2008
Thomas Hübner, Zu den Bildern des Ateliers Schafgans, in: ders., Orgelpunkt. Die Geschichte und die Orgeln der Schloßkirche zu Bonn, Rheinbach 2012
Quellen
Schafgans Archiv
Stadtarchiv und Stadtgeschichtliche Bibliothek Bonn
Universitäts- und Landesbibliothek Bonn
Rheinisches Landesmuseum Bonn
Fürstlich Wiedisches Archiv, Neuwied
Stadsarchief Amsterdam
Haags Gemeentearchief
Prentenkabinet Universiteit Leiden
Royal Archives, Windsor Castle, London